Fußgängerzone für Radfahrende "geöffnet"?

 

Radfahrerinnen werden auf Umwege geschickt und ausgebremst


Alzey (neu) - Der Ausschuss für Bürgerdienste hat beschlossen, die Fußgängerzone in der Zeit von 19 bis 11 Uhr für den Radverkehr zu "öffnen". Begrenzt ist der Beschluss bis 31.12. 2021. Gegen dieses untaugliche Vorhaben hatte für die Grünen Christa Potten plädiert und das ausführlich begründet (Redebeitrag s.u.). Mit der Grünen-Vertreterin sprachen sich zwei weitere Ausschussmitglieder dagegen aus; zwei Mitglieder enthielten sich. Zehn Mitglieder stimmten somit für einen um zwei Stunden erweiterten Beschlussvorschlag.

Damit wurde ein Projekt umgesetzt, das Bürgermeister Burkhard schon vorab mit großem Aufwand über die Allgemeine Zeitung propagiert hatte. Angeblich will Burkhard damit die Ost-West-Verbindung für Radfahrer stärken. Ich tu ja was für den Radverkehr, lautet die Erzählung. Ja, man tut was für den Radverkehr, aber alles andere, als was Gutes.

In einer Fußgängerzone dürfen Radfaher/innen höchstens Schrittgeschwindigkeit fahren. Auch wenn kein Mensch dort zu Fuß unterwegs ist.



"Öffnung" für den Radverkehr, "freigeben", das klingt so nach Weite, nach schnellem Vorankommen quer durch die Stadt auf direktem Wege - klingt eben urban und weltoffen. Dumm ist nur: In einer Fußgängerzone haben die Fußgänger - aus gutem Grunde - Vorrang. Selbst wenn eine Fußgängerzone für Radfahrerinnen und Radfahrer "geöffnet" wird, dürfen die zu jeder Zeit höchstens Schrittgeschwindigkeit fahren. Das ist ohne Stützrädchen auch auf freier Strecke nicht für jede/n ein Vergnügen. Bei entsprechendem Aufkommen von Fußgängern steigt man dann doch gleich ab. In der Beschlussvorlage des Bürgermeisters wird auch klar gesagt, dass der Radverkehr sich dem Fußgängerverkehr unterzuordnen hat. Und mehr noch: Durch Öffentlichkeitsarbeit soll "über das erforderliche rücksichtsvolle Verhalten ausführlich informiert" werden. "Zudem wird die Freigabe durch Kontrollen des Kommunalen Vollzugsdienstes flankiert." Damit ja alle Schrittgeschwindigkeit einhalten - vor-bild-lich!!

Fazit: Mit diesem Beschluss werden Radfahrende anstatt über die Hauptroute durch die Stadt - Hospitalstraße / Ostdeutsche Straße - auf Umwege gelenkt und außerdem noch massiv ausgebremst. Fahradfreundliche Mobilitätspolitik sieht anders aus. Fragt sich, ob die Ausschussmehrheit den Pferdefuß nicht gesehen hat oder diese Zwangsjacke für Radfahrerinnen und Radfahrer etwa für richtig hält. Es darf bezweifelt werden, dass dieser Beschluss sein Verfallsdatum erreicht.

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Redebeitrag von Christa Potten, GRÜNE:

Grundsätzlich ist jede Maßnahme zur Förderung und Erleichterung des Fahrradverkehrs in der (Innen-) Stadt zu begrüßen. Einige kritische Bemerkungen seien an dieser Stelle allerdings gestattet.

• Die Ankündigung dieser Maßnahme wurde vorab in der Presse kommuniziert, ohne den Ausschuss für Bürgerdienste einzubeziehen und eine konzeptionelle Lösung für die schwach ausgeprägte Infrastruktur für den Radverkehr zu entwickeln. Das wäre auf dem Hintergrund des Mobilitätskonzeptes von 2012 leicht möglich.

• Im Gegensatz dazu handelt es sich hier um eine Einzelmaßnahme, die nicht zielführend sein kann. Es kann nicht darum gehen, die Straßen weiterhin allein autofreundlich zu gestalten und die Wege in der Innenstadt nun nicht nur für Fußgänger, sondern nun auch noch für Radfahrer nutzbar zu machen.

• "Öffnung" der Fußgängerzone: Das klingt zunächst nach einer großzügigen und begeisternden verkehrsrechtlichen Verbesserung für den Radverkehr. Tatsächlich ist das nicht der Fall.

Fußgänger haben in Fußgängerzonen aus gutem Grund Vorrang. Ist das Befahren für Radfahrende erlaubt, müssen sich dem unterordnen. Sie müssen Schrittgeschwindigkeit fahren. Da kann man auch gleich absteigen und schieben. Das soll ordnungsrechtlich ja auch strikt überwacht werden. Unter den gegebenen rechtlichen Voraussetzungen ist es also egal, ob die angebliche "Öffnung" ganztägig oder nur nachts erfolgt.

• Die Grünen Fraktion hat seit langem immer Vorschlage zur Verbesserung der Radfahrsituation gemacht und wird das weiter verfolgen. Dabei geht es darum, den vorhandenen Verkehrsraum zu Gunsten des Rad- und Fußgängerverkehrs umzuverteilen. Bei der Mobilitätsplanung müssen die Hauptrouten für Radfahrende sicher und schnell befahrbar sein. Es geht gar nicht, dass Radfahrende auf Nebenstrecken und Umwege verbannt und ausgebremst werden.

• Die Grünen-Fraktion möchte erreichen, dass die wichtige Ost-West-Verbindung durch die Stadt von der Nibelungenstraße / Ostdeutschen Straße bis zur Weinheimer Landstraße fahrradfreundlich gestaltet wird. Dazu bereiten wir einen Antrag vor.

• Ebenso wichtig ist uns die Verbesserung der vorhandenen Fahrradsituation zum Beispiel an der Kreuzung Spießgasse/ Am Damm.

• Darüber hinaus werden wir uns für Tempo 30 Zonen auf zentralen Straßen im Innenstadtbereich einsetzen und das mit entsprechenden Anträgen weiter verfolgen.

Wir lehnen die Beschlussvorlage aus diesen gewichtigen Gründen ab. Man würde mit dieser Scheinöffnung ein völlig falsches Signal setzen.




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