Stadtrat will keine Informationen über Grundwassersanierung bei Kita "Am Wall"

Alzey 29.06.2020 (neu) - Die Grünen verlangten in einem Antrag, dass der Stadtrat schriftliche Informationen über Risiken und Nebenwirkungen bei einer Sanierung der Boden- und Grundwasserbelastungen im Bereich der neuen der Kita "Am Wall" erhalten soll. Die Belastungen sind durch den Betrieb des damaligen städtischen Gaswerks Ende des 19. Jahrhunderts entstanden und sind erst während der Bauarbeiten entdeckt worden. Der Stadtrat hat den Antrag der Grünen am Montag nach langer kontroverser Diskussion bei fünf Ja-Stimmen von Grünen, Linken und FDP abgeleht.

Der westliche Flügel des Neubaus der Kita "Am Wall" müsste unter Umständen wegen der Grundwassersanierung wieder abgerissen werden.


Der Bauausschuss im Juni hatte sich nach den damals bekannten Informationen einstimmig für die Sanierungsvariante 1 ausgesprochen. Mit den Unterlagen zur Ratssitzung am Montag wurde allerdings ein Schreiben der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd bekannt, das auf erhebliche Risiken auch bei dieser mit 155.000 EUR für drei Jahre vermeintlich kostengünstigen Variante hingweist. Die Grünen beziehen sich auf dieses Schreiben und formulierten auf dieser Grundlage ihren Antrag. Auszüge aus dem Schreiben am Ende dieses Artikels.

Insbesondere Bürgermeister Burkhard hatte sich vehement gegen den Grünen-Antrag ausgesprochen. Die Grünen sprachen mehrfach die ungeklärte Sanierung des Grundwassers an. Bürgermeister Burkhard verwies dann immer wieder auf die erfolgreiche Reinigung der Gebäudeluft. Das hatte auch niemand bestritten, war aber gar nicht Thema der Grünen. Für die Grünen waren das Ablenkungsmanöver des Bürgermeisters.

Angenommen wurde eine Beschlussvorlage von Bürgermeister Burkhard. Es handelt sich um eine vordergründig kostengünstige Sanierungsvariante. Die sieht eine Sicherung und Reinigung der Luft im Kita-Gebäude vor. Diese Variante 1 wurde getestet und die Luft im Gebäude ist danach unbelastet. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd sagte zu, nach erfolgreich getesteter Sicherungsmaßnahme der Gebäudeluft den Kita-Betrieb zu genehmigen, wenn die Stadt alle Risiken für mögliche weitere Maßnahmen tragen würde.

Das Problem der Grundwassersanierung, die aber in jedem Fall durchgeführt werden muss, wurde bisher ausgeklammert. Es gab keine näheren Informationen darüber außer, dass verschiedene Verfahren erst einmal getestet werden müssen. Das Landesamt für Umwelt stellt dazu fest: "Ein konkreter Vorschlag über ein Grundwasser-Sanierungskonzept liegt seitens des Gutachters noch nicht vor."

Daher hatten die Grünen beantragt, dass der Stadtrat in der Sitzung im August über die Modalitäten einer Grundwassersanierung und über die aktuelle Gefährdungsabschätzung informiert wird und dazu mit der Einladung schriftliche Unterlagen erhält. Nur mit schriftlichen Unterlagen vorab ist eine sachgerechte Bearbeitung eines solch komplexen Themas möglich. Außerdem wollten die Grünen Näheres wissen für den Fall, dass die Kita nach Aufnahme des Betriebes doch wieder geschlossen und womöglich teilweise abgerissen werden muss. Dieses Risiko steht im Raum, darauf wies die SGD Süd hin. Grund genug, mehr Informationen dazu zu fordern.

Die Grünen wollten außerdem wissen, welche Kosten und Folgen für den Kitabetrieb bei unterschiedlichen Szenarien zur erwarten wären: Weiterbau bis Betriebsfertigkeit, Aufnahme des Kita-Betriebes, erneute Stillegung, Teilabriss, Ausweichmöglichkeiten, Ersatzunterbringung bis hin zum schlechtesten Worst-Case, einem Neubau einer Kita an anderer Stelle.

Die Sanierungs-Variante 2 sieht nach einem Teilabriss des Kita-Neubaus eine großflächige Auskofferung der belasteteten Flächen unter dem Gebäude, der Klosterstraße und unter dem Parkplatz Ostdeutsche Straße, eine Dekontimination des Erdreichs, eine Umlegung der Selz (verrohrt) und des Hauptsammlers (Abwasserkanal) und eine Sanierung des Grundwassers vor. Dafür wurden rund 7,8 Mio. EUR geschätzt. Dabei sind allerdings nur die bisherigen Baukosten der Kita bis Dezember 2019 berücksichtigt. Die Kosten bis zur Fertigstellung kämen also bei einem später nötigen Teilabriss noch dazu. So könnte möglicherweise ein Schaden bis zu einer zweistelligen Millionenhöhe entstehen. Die Kosten für den Neubau der Kita - ohne Sanierungsproblematik - werden auf 3,96 Mio. EUR geschätzt.

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Unterlagen im Ratsinformationssystem der Stadt Alzey:

alzey.more-rubin1.de/sitzungskalender.php . Dort im Kalender die jeweilige Sitzung anklicken.

1) Sanierungsvarianten des Gutachters: Bauausschuss am 30.04.2020, TOP 1: Konzepterläuterung Kita am Wall.

2) Ratssitzung am 29.06. 2020: TOP 1: Sanierungskonzept Kita "Am Wall"; mit Schreiben der SGD Süd.

 

Auszüge aus dem Schreiben der SGD Süd.

LfU = Landesamt für Umwelt.

1) LfU:

"Die Beurteilung des Schadens im Bereich des KiTa-Neubaus befindet sich zurzeit noch in der Phase der Gefährdungsabschätztung, da insbes. der Wirkungspfad Boden-Grundwasser noch nicht abschließend erdundet wurde."

2) LfU:

"Ein Vergleich der vom Gutachter aufgestellten ersten groben Einschätzungskosten der beiden Varianten ist nicht möglich, da grobe Abweichungen sowohl nach oben oder unten vorliegen können und keine Einschätzungskosten insbesondere zur erforderlichen hydraulichen Sanierungsmaßnahme einschließlich Nachsorgephase vorliegen."

3) LfU:

"Aufgrund dieser Aussagen empfehle ich, den Boden- und Grundwasserschaden mit Hilfe der vom Gutachter beschriebenen Sicherungsmaßnahme bezüglich des Wirkungspfades Boden - (Bodenluft) - Mensch in Verbindung mit einer hydraulischen Sanierungsmaßnahme sanieren zu lassen.

Ich halte es für sinnvoll, vor Einrichtung der o.g. Sicherungsmaßnahme zunächst eine hydraulische Sanierungsmaßnahme installieren zu lassen, um deren Eignung / Tauglichkeit zu testen."

4) SGD:

"Ohne vorherige Klarheit über Art, Eignung, Dauer, Kosten, mögliche Folgen (z.B. Setzungen/Sackungen von Bauwerken) sowie mögliche Änderungen und/oder Erweiterungen der Grundwassersanierung können insbesondere für die Variante 1 der inhaltliche, zeitliche und monetäre Umfang der Grundwassersanierung derzeit nicht abgeschätzt werden."

5) "Die Nutzung der KiTa darf jedoch ausdrücklich erst nach abschließender Installation der Sicherungsmaßnahme mit anschließendem Nachweis der Funktionstüchtigkeit gegenüber der SGD Süd und nach schriftlicher Freigabe durch diese erfolgen."




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